Newsnational Samstag, 01.07.2023 |  Drucken

1. Juli: Tag gegen antimuslimischen Rassismus

Die bundesweiten Aktionswochen enden mit dem heutigen Tag gegen antimuslimischen Rassismus, der an die Ermordung Marwa El-Sherbinis erinnert. Der ZMD ist solidarisch im Kampf gegen menschenfeindliche Denk- und Verhaltensweisen

Die bundesweiten Aktionswochen gegen antimuslimischen Rassismus begannen am 19.06. und enden am 01.07.2023 mit dem Gedenktag des rassistisch motivierten Anschlages und Mordes im Dresdner Landgericht an Marwa El-Sherbini vor genau 14 Jahren. Der 1. Juli wurde aus diesem Grund als Tag gegen antimuslimischen Rassismus in Deutschland ausgerufen. An der diesjährigen Gedenkveranstaltung am 3.Juli werden erneut Vertreter des ZMD teilnehmen.

Die damals im dritten Monat schwangere Marwa El-Sherbini wurde während einer Gerichtsverhandlung, in der sie als Zeugin gegen den rechtsradikalen Angeklagten aussagte, durch achtzehn Messerstiche durch den Angeklagten ermordet; vor den Augen u.a. ihres Ehemannes, ihres damals drei Jahre alten Sohnes und des Richters in den Räumen des Landesgerichts Dresden. Das Motiv war Islamhass, Muslimfeindlichkeit und Rassismus.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, unterstützte die Aktionswochen und ruft insbesondere am heutigen Tag zur Bekämpfung des antimuslimischen Rassismus auf: „Mit Blick auf die Zunahme des Rechtsextremismus in Deutschland und den hohen Umfragewerten der AfD, muss sich Politik und Gesellschaft noch klarer und deutlicher gegen antimuslimischen Rassismus stellen. Nicht zuletzt bekräftigt der aktuelle Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit die stark verbreiteten antimuslimischen Ressentiments innerhalb der Gesellschaft. Die tagtäglichen Anfeindungen sowie strukturellen Ausgrenzungen und Diskriminierungen von Muslim*innen gehen uns alle an und müssen zum Schutz einer offenen und toleranten Gesellschaft wirksam bekämpft werden.“


Vorstellung des Berichts des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit in Berlin

Vorstellung des Berichts des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit in Berlin
Antimuslimischer Rassismus „weit verbreitete Realität“

Der kürzlich vorgestellte Abschlussbericht des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit belegte, dass jeder Zweite in Deutschland muslimfeindlichen Aussagen zustimmt. Es ist der erste Bericht dieser Art und die umfassendste Analyse von Muslimfeindlichkeit in Deutschland. Der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte den Kreis als Reaktion auf muslimfeindliche Anschläge wie der in Hanau einberufen. Der knapp 400-seitige Bericht verdeutlicht erstmals das Ausmaß des Phänomens, das sich durch alle Lebensbereiche zieht, sei es bei der Wohnungssuche, dem Arztbesuch oder in der Schule.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fasste ernüchternd zusammen: "Viele der 5,5 Millionen Musliminnen und Muslime in Deutschland erleben Ausgrenzung und Diskriminierung im Alltag - bis hin zu Hass und Gewalt." Laut Bericht werden insbesondere Muslime angefeindet, die sich offen zu ihrer religiösen Zugehörigkeit bekennen. Dies betrifft vor allem kopftuchtragende Frauen, welche von „besonders drastischen Formen der Anfeindungen“ berichten. Dabei werden pauschale Zuschreibungen gegenüber Muslimen, die sie als rückständig und bedrohlich markieren, durch viele Medien, einschließlich der öffentlich-rechtlichen Sender, befeuert. Sie betrieben laut Bericht eine „einseitig konfliktorientierte Berichterstattung“ über den Islam.

Es handelt sich beim Thema Muslimfeindlichkeit um ein Querschnittsphänomen, das in der Mitte der Gesellschaft verankert ist und durch pauschale Ängste, Fehlinformationen aber auch strukturellen Ausgrenzungen und Diskriminierungen zu einer „feindlichen Spaltung“ der Gesellschaft führt. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung gaben 72 Prozent der befragten Muslime an, ethnische bzw. rassistische Diskriminierung erlebt zu haben. Für 2022 dokumentierte das Lagebild der CLAIM Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit 898 Fälle von Diskriminierungen und Übergriffen auf Muslime – das sind im Schnitt mehr als zwei Vorfälle pro Tag, die gemeldet und verifiziert wurden. Jedoch ist aufgrund fehlender Beratungs- und Meldestrukturen, fehlendem Vertrauen von Betroffenen oder auch fehlender Expertise zu antimuslimischem Rassismus insgesamt von einer gravierenden Dunkelziffer auszugehen.

Für eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft sei es laut den Autoren des Expertenberichts notwendig, muslimische Akteure und Organisationen an Staatlichen Förderungen besonders im Kultur- und Sozialbereich zu beteiligen. Für den Bildungsbereich gilt es, Lehrpläne und Schulbücher zu überarbeiten, die antimuslimische Narrative reproduzieren, um muslimisches Leben zu normalisieren. Außerdem müsste ein eigener Themenbereich in der Politischen Bildung geschaffen werden.




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